Geflècht vom Wochenende

Es ist Samstag der 29. April, 5:00Uhr und der Wecker klingelt. Das zweite mal in zwei Wochen das ich mich in ein Flèche Abenteuer stürze. Das M5 und die Ausrüstung stehen seit gestern startbereit im Keller, so kann ich in Ruhe frühstücken und mich auf den Weg zum Bahnhof machen. Das Team Trödeltruppe startet in Drensteinfurt. Der Regionalexpress bringt mich nach Hamm, wo ich umsteigen muss. Der Anschlusszug hat 15 Minuten Verspätung, da ich aber reichlich Zeit bei der Anreise einkalkuliert habe kommt kein Stress auf.

In Drensteinfurt sitzen die andern Teammitglieder schon im Cafe und warten. Brötchen sind gerade aus, so nehme ich einen Cappuccino und zwei Croissant um noch einmal Kalorien zu laden. Teamkapitän Thomas verteilt unsere Startkarten und die Rahmenschilder. Wir lassen unseren ersten Stempel eintragen und starten pünktlich zu unserem Flèche Abenteuer Richtung Wartburg.

Die ersten Kilometer durchs Münsterland verlaufen flach und mit Rückenwind. Die Truppe harmoniert gut und nach erklimmen des Wiehengebirges erreichen wir Werther, wo wir an einer Bäckerei eine Pause einlegen. Der weitere Weg zur ersten Kontrollstelle nach Porta Westfalica verläuft dagegen wellig. Nach 110km haben wir Porta erreicht, der nächste Kontollstempel folgt und meine bessere Hälfte schaut sich unser Treiben an, ich bin hier ja fast vor meiner Haustür.

Wir vertrödeln nicht zuviel Zeit und folgen der Weser nach Hameln, wo noch einmal eine Futterpause eingelegt wird. Dann geht es weiter nach Holzminden. Hier ist unsere zweite Kontrollstelle, das Essen haben wir in der Pizzeria telefonisch vorbestellt, so geht es sehr zügig. Für mich kommt der Nachschub zu rechten Zeit, in Hameln hatte ich wohl zu wenig gegessen und zwei Kilometer vor Holzminden ereilte mich der Hungerrast. Mit einem Snickers gings dann gerade noch gut.

Gut gestärkt machen wir uns dann auf den Weg Richtung Hann. Münden wo die dritte Kontrolle auf uns wartet. Die Sonne geht langsam unter und wir radeln in die beginnende Nacht. In Beverungen machen wir nochmal Pause an einer Tankstelle und decken uns mit Vorräten ein. Die ersten Kilometer wieder auf der Liege friere ich, der Körper fährt sofort runter und muss erst einmal wieder Wärme produzieren.

Leider habe ich vergessen die dünnen Sommerhandschuhe gegen die wärmeren Winterhandschuhe zu tauschen. Die Hände wollen einfach nicht warm werden. An einer Parkbucht fahre ich wieder zu Thomas auf und nutze die Situation mit seiner Stirnlampe nach meinen Winterhandschuhen zu suchen. So geht es viel besser. Die fortschreitende Nacht wird immer kühler, langsam erreichen die Temperaturen den Gefrierpunkt. Mir ist mittlerweile saukalt und ich beschließe an der nächsten Kontrollstelle wärmetechnisch aufzurüsten. Die Tankstelle in Hann. Münden hat nur einen Nachtschalter, aber es reicht für den Kontrollstempel, einen heißen Kaffee und was zu Essen. Dann ziehe ich die Regenhose und das zweite Fleece Shirt sowie den Buff für Hals und Ohren an.

So gerüstet geht es weiter durch die Nacht, mir ist deutlich wärmer auf der Liege. Aber man merkt wie die Kälte die Leistung bremst. Kilometer um Kilometer spulen wir ab, Spaß will im Moment nicht aufkommen, die Kälte drückt meine Laune gegen Null. Das erste mal das ich bei einem Brevet einen mentalen Durchhänger habe. Aber wir liegen immer noch gut in der Zeit und Thomas hofft das der McDonalds in Eschwege Nachts geöffnet hat.

Der Gedanke an heißen Kaffee, was warmes zu futtern und eine Pause im warmen beschäftigt mich auf dem weiteren Weg nach Eschwege. Und tatsächlich hat der McDonalds geöffnet. Die Laune steigt sofort. Vor uns sind schon ein paar andere Randonneure hier angekommen und machen Pause und Schlafen. Die anderen Gäste bestaunen uns und können nicht fassen was wir uns hier antun. Da wir so gut in der Zeit liegen, legen wir hier knapp eine Stunde Pause ein. Die Füße aufwärmen und ein wenig dösen bevor es weiter geht.

Gegen 5:00 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Treffurt, unserer letzten Kontrollstelle vor der Wartburg. Auch hier kommen wir zeitig an, und so vertrödeln wir die Zeit bis zur Weiterfahrt um 7:00 Uhr mit Kaffee und Schwätzchen mit den anwesenden Dorfgästen. Die Regularien des Flèche besagen das in den letzten 2 Stunden mindestens 25km zu fahren sind, unsere Kontrollstelle ist aber 32km von der Wartburg entfernt. So scharren wir mit den Hufen und radeln Punkt 7:00 Uhr zu unserem letzten Abschnitt los. Die Beine sind schon geschafft, aber wir wollen alle gemeinsam im Zeitlimit auf der Wartburg ankommen.

Ich stelle am Tacho die Uhrzeit ein und wir machen Tempo. Die Strecke hat Thomas gut ausgewählt, nur den Anstieg in Eisenach kann er uns nicht ersparen. Die Rampe zum letzten Anstieg müssen drei von und vier schieben, gefühlte 20% stellen sich uns in den Weg. Die Rennradler überholen uns, aber auf der flacheren Passage können wir wieder fahren. Die letzten Kehren, dann haben wir es geschafft. Um 8:52 Uhr sind wir auf der Wartburg. Prüfung erfolgreich bestanden.

Unser Teamkapitän gibt die Kontrollkarten ab, wir machen noch ein Gruppenfoto und rollen dann zum Wartburg Museum wo das gemeinsame Zusammentreffen stattfindet. Dieses Jahr ist schließlich 25-jähriges ARA Jubiläum, und das muss gefeiert werden.

Nach dem Buffet verabschieden wir uns und rollen mit unseren Liegerädern ins Hotel. Wir sind alle nicht mehr ganz frisch, die 74km wollen einfach nicht enden. Noch eine Pause in einer Eisdiele, dann geht es weiter nach Malsfeld. Am Ende des Tages habe ich 450km auf dem Tacho, erstaunlich was so geht. Wir checken ein, verstauen die Liegeräder in der Garage und gönnen uns eine heiße Dusche bevor wir uns zum Abendessen treffen.

Nach einer guten Nacht und einem ausgiebigem Frühstück verabschieden wir uns von einander. Für mich geht es Richtung Norden nach Kassel, wo ich entweder den Zug nehme, oder wenn die Beine noch wollen komplett nach Hause radle. Die anderen führt der Heimweg radelnd Richtung Nordwesten.

Mein linkes Knie mag keine Höhenmeter mehr fahren, zum Glück ist die Strecke Richtung Kassel nicht ganz so wellig. In Kassel an der Orangerie beschließe ich dann meine ursprüngliche Streckenplanung über den Haufen zu werfen. Zu viele Höhenmeter und mit dem Zug fahren möchte ich bei dem schönen Wetter nicht. Leider verhaue ich mich beim Schätzen der Rückstrecke. Fuldaradweg und Weserradweg sind eben viel weiter als ich es annehme, das bemerke ich aber erst viel später.

Ich Kassel vergesse ich leider die Seite der Fulda zu wechseln und finde mich unverhofft wieder mit Höhenmetern konfrontiert. Zum Glück wohnt ein Freund in Hann. Münden und kennt die Ecke. Wir telefonieren und er schickt mich nur ein paar Meter weiter einen unbefestigten Pfad den Berg runter wo ich an einer Schleuse die Fulda überqueren kann und endlich auf dem richtigen Radweg voran komme.

Wieder in Hann. Münden angekommen lege ich eine Pause an einer Tankstelle ein, stocke meine Vorräte auf und mache mich ab hier auf den Weg den wir zum Flèche hin genommen haben. In Bad Karlshafen lege ich noch eine größere Pause ein und gönne mir Kuchen und alkoholfreies Weizen. So langsam merke ich das an meiner Kilometerabschätzung was nicht stimmt und ich befürchte die 700 Gesamtkilometer dieses Wochenendes zu überschreiten. Meine Frau nimmts zum Glück gelassen und nach 688km komme ich gegen 21:50 Uhr wieder zu Hause an.

Fazit: Das war ein Wochenende das Grenzen verschoben hat, sowohl mental als auch physisch. Und ich hab endlich mal wieder Muskelkater in den Beinen. Das nächste Brevet kann kommen.

Alle Bilder:

Jede Strecke, jedes Wetter, jederzeit.

Flèche Allemagne:

 

Flèche Wochenende:

2 Kommentare

  • Rokitta, Franz-Karl

    Whau!!!!!! Mehr kann ich nicht dazu sagen. „Dein Freund aus Hann Münden“ LG kalli

  • Respekt.
    Nach so einer Tour noch mit dem Radl nach Hause fahren…Hut ab!
    Mich haben schon einige doof angeschaut, wenn ich manchmal die An- und Abfahrt zu einem Rennradmarathon bis 30km mit dem Rad angefahren bin anstelle mit dem Auto oder Bus/Bahn.

    Auf jeden Fall ein netter und knackiger Bericht.
    Werde jetzt mal noch etwas auf der Seite schmökern….

    Gruß Mario

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